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Arbeitshypothesen

2. These: Prekäre Arbeitsbedingungen gefährden die Qualität wissenschaftlichen Arbeitens.

Erklärung:

Im Wissenschaftssystem herrschen hohe Leistungsansprüche und große Konkurrenz. Der Bundesbericht für wissenschaftlichen Nachwuchs (BuWiN) 2021 dokumentiert, dass 92 Prozent des hauptberuflich tätigen Personals an Hochschulen befristet beschäftigt ist. Professor:innen und Personen über 45 Jahre wurden hier ausgenommen. Den Beschäftigten werden durch die befristeten Verträge Zukunftsperspektiven und Arbeitssicherheit genommen: Sie stehen im ständigen Wettbewerb. Hinzu kommen unüberschaubare Arbeitszeiten und dadurch massive Überstunden, die oft trotz gesetzlicher Verpflichtung weder vergütet noch aufgezeichnet werden. Diese Arbeitsbedingungen sind belastend, überfordernd und beeinträchtigen unter anderem die Familienplanung.
Der Kodex zur guten wissenschaftlichen Praxis, welcher im August 2019 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) verabschiedet wurde, behandelt viele der genannten Probleme. Er versucht, eine Grundlage zu deren Veränderung in DFG-geförderten Projekten zu schaffen. An Institutionen fehlen jedoch vielfach die Bedingungen, um genannte Maßnahmen flächendeckend einzuhalten und zu kontrollieren. Universitäten und Lehrstühle profitieren von kostengünstigen und gleichzeitig motivierten Arbeitskräften. Das Wissenschaftssystem bietet aufgrund seiner hierarchischen Strukturen Raum für Machtmissbrauch. Leitungen sollten verpflichtet werden, Bedingungen zu schaffen, die gesunde Beschäftigung, faire Arbeitsumstände und somit auch hochwertige Wissenschaft fördern. Bewegungen aus Betroffenenkreisen wie “Ich bin Hanna” weisen bereits auf Teile des Problems hin und fordern nachhaltige Veränderungen.

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